Gault Millau 2015: Christoph Rüffer ist Koch des Jahres
Pünktlich zur Veröffentlichung der neuen Ausgabe des Gault Millau kritisiert die französische Gourmetbibel die mangelnde Kreativität der deutschen Köche.
"Zu viele deutsche Köche verstehen den weltweiten Hype um bestimmte Köche und Restaurants nicht als Aufforderung, selbst einen persönlichen Stil zu entwickeln, sondern klicken sich bei Google durch die Speisekarten dieser großen Kollegen, kopieren sie gedankenlos und ordern die neuesten Trendprodukte. Doch das hat nichts mit Kreativität zu tun. Das ist ‚Copy-and-paste‘-Küche", beklagt sich der Gault&Millau in der Deutschlandausgabe 2015.
"Seit einigen Jahren beobachten wir, wie sich einige unserer besten Köche und viele ihrer jungen Kollegen unter dem medialen Druck, um jeden Preis ein ‚Kreativkünstler‘ sein zu müssen, immer mehr verkrampfen. Die Gäste hingegen setzen auf nachhaltig erzeugte Produkte und guten Geschmack und erwarten, dass die Köche aus den eigenen kulinarischen Prägungen, aus regionalen Traditionen oder auf Reisen Erlebtem für sich etwas Neues herausfiltern", so die klare Ansage des französischen Restaurantführers.
Was die Restaurantkritiker des Gault Millau allerdings ausdrücklich begrüßen, ist das "Casual Fine Dining", also eine erstklassige Küche in betont lockerem Ambiente. "Besonders jüngere Gäste empfinden die überkommene Gourmettempelsteifheit als abschreckend – prätentiöse Oberkellner, gedämpfte Atmosphäre, gedrechselte Sprache." Daher ermutigt der französische Restaurantführer die deutschen Spitzenrestaurants in diesem Jahr zu "mehr Leichtigkeit, mehr Lockerheit und mehr Beschwingtheit".
19,5 von 20 möglichen Punkten
- GästeHaus Klaus Erfort in Saarbrücken, Klaus Erfort
- Schwarzwaldstube in Baiersbronn, Harald Wohlfahrt
- Sonnora in Dreis, Helmut Thieltges
- Vendôme in Bergisch Gladbach, Joachim Wissler
Der "Koch des Jahres" ist in diesem Jahr Christoph Rüffer vom Hamburger Restaurant Haerlin, der außerdem mit 19 von 20 möglichen Punkten ausgezeichnet wurde. "Für seine aromatisch tiefgründigen Kreationen, die dem Gast oft mit jeder Gabel ein neues Erlebnis bescheren und den Mund noch ausfüllen, wenn die Teller längst abgeräumt sind", lobt der Guide den gebürtigen Essener. Als sein größtes Talent betitelten die Tester die Aromenverbindungen. "Nehmen wir nur die fast naiv anmutende Idee, zum großartigen St. Pierre Saubohnen und Pistazien zu liieren – zwei grüne Kerne, die sich, süß-herb akzentuiert, wirklich bestens vertragen. Oder die oft unterschätzte Sardine, die mit weißen Blüten, einem Tomaten-Potpourri, würziger Kräutercreme samt geeistem Estragon und einem herrlich fruchtig-aromatischen Tomatensud zu einem ungeahnt frischen und leichten Vergnügen wird. Dass die fest in Hamburg verwurzelte Küche Rüffers, der von Otto Koch in München und Harald Wohlfahrt in Baiersbronn für höhere Weihen gestählt wurde, auch einen weiten Horizont hat, zeigt der stark marokkanisch inspirierte Lammrücken, der mit Kichererbsencreme, Salzzitrone, Couscous und Ras el Hanout-Würze die Souks von Casablanca am Gaumen aufleben lässt."
19 von 20 möglichen Punkten
- Aqua in Wolfsburg, Sven Elverfeld
- Haerlin in Hamburg, Christoph Rüffer
- Bareiss in Baiersbronn, Claus-Peter Lumpp
- Gourmetrestaurant Lerbach in Bergisch Gladbach, Niels Henkel
- La Vie in Osnabrück, Thomas Bühner
- Residenz Heinz Winkler in Aschau im Chiemgau, Heinz Winkler & Stefan Brandl
- Victor's Gourmet Restaurant in Perl, Christian Bau
- Steinheuers Restaurant Zur Alten Post in Bad Neuenahr-Ahrweiler, Hans Stefan Steinheuer
- Tim Raue in Berlin, Tim Raue
- Gourmetrestaurant Überfahrt in Rottach-Egern, Christian Jürgens
Das Punktesystem des Gault Millau orientiert sich an dem französischen Notensystem. Die Punktzahlen 12 und 12,5 garantieren eine "Gute Küche, wie man sie in jedem gutbürgerlichen Haus voraussetzen kann". 13 bis 14 Punkte stehen für eine "sehr guten Küche, die mehr als das Alltägliche liefert". Ein "hoher Grad an Kochkunst, Kreativität und Qualität" wird mit 15 bis 16 Punkten belohnt. Höchstwerte in Sachen "Kreativität und Qualität, bestmögliche Zubereitung" kennzeichnen 17 bis 18 Punkte. Die absoluten Topwerte sind 19, 19,5 und 20.
Neben dem "Koch des Jahres" werden alljährlich viele weitere Auszeichnungen verteilt. Der Aufsteiger des Jahres ist Anton Schmaus vom "Storstad" in Regensburg. Der 33-jährige Koch bekam den Titel, weil er "frei von Effekthascherei demonstriert, dass zeitgemäße Küche kein Chichi braucht". Die Entdeckung des Jahres ist Cédric Schwitzer vom "Schwitzer's" in Waldbronn. Die Begründung: "Eine beglückende Symbiose aus aromareichem Geschmack, moderner Stilistik und perfektem Handwerk." Der beste deutsche Koch ist Heiko Nieder aus Zürich. Im "The Restaurant" im Hotel "The Dolder Grand".