Essen im Flugzeug: Warum ist es meist eine Enttäuschung?

Wer kennt das nicht? Man ist mit dem Flugzeug unterwegs und hat riesigen Hunger. Doch beim Hochklappen des Aludeckels des Essens entsteht meistens nur Enttäuschung. Doch warum ist das so? Foto: © tanawatpontchour - Fotolia.com

Wer kennt das nicht? Man ist mit dem Flugzeug unterwegs und freut sich auf eine Mahlzeit. Doch beim Hochklappen des Aludeckels des Essens entsteht meistens nur Enttäuschung. Doch warum ist das so?

Vor 86 Jahren wurde auf einem Flug von Berlin nach Wien das erste Flugzeugessen serviert. Seitdem hat sich die Verpflegung an Bord zu einem Wettbewerb entwickelt. Ein Wettbewerb, den jeder Fluggast kennt, aber selten zu schätzen weiß: Gabel und Messer in der Hand, die Vorfreude steigt, doch dann nur Enttäuschung: Undefinierbare Fleischstückchen, in Soße schwimmende Nudeln, pampiges Gemüse. SPIEGEL Online sprach mit Matthias Wagner, dem Chefkoch des weltweit größten Anbieters für Bordverpflegung. 532 Millionen Mahlzeiten liefert die Lufthansa-Tochter LSG Sky Chefs jährlich an über 300 internationale Fluggesellschaften. Doch wie plant Wagner die Zubereitung des Menüs, welche von über 200 Standorten angeliefert werden?

"Kein Bordessen darf höher als 4,5 Zentimeter sein"

Seit über 20 Jahren arbeitet der 45-jährige Wagner für den weltweit größten Anbieter für Bordverpflegung. Das viele Fluggäste negative Erfahrungen mit dem Flugzeugessen gemacht haben, weiß auch Wagner: "Passagiere sind nicht einfach zufriedenzustellen", so der Küchenchef des Unternehmens. Wieso nicht einfach eine Ofenkartoffel anstatt labbriger Bratkartoffeln? Warum keine dicken frischen Sandwiches anstatt trockener Brotscheiben? Ganz einfach: "Kein Bordessen darf höher als 4,5 Zentimeter sein, der obere Rand der Kaffeetasse ist der höchste Punkt auf jedem Tablett", sagt Wagner. Und die Soßen? "Soßen dürfen nicht zu dünn und nicht zu dick sein. Sonst gibt es ein Unglück, wenn der Flieger beim Starten in die Luft steigt", erklärt Wagner. Wer von Carpaccio oder ähnlichen Feinheiten träumt, den muss Wagner enttäuschen: "Rohe tierische Produkte sind an Bord generell verboten".

Nur die Kühlung und der Transport seien das Problem, so denkt der Laie. Nein, nein. In 10.000 Meter Höhe sind Geruchssinn und Geschmacksrezeptoren weniger sensibel. Das bedeutet für Wagner, dass das Essen würziger sein muss und am Boden wahrscheinlich gar nicht schmecken würde. "Für mich zum Beispiel muss Bordessen genau fünf Prozent salziger sein und zwei Prozent süßer sein. Aber jeder Passagier isst anders", erklärt Wagner. Da liegt das Problem: Die Köche müssen die Geschmäcker von Millionen Passagieren bedienen.

Roastbeef, Kaviar und Hummer

Für diese Aufgabe muss es viele Köche unterschiedlicher Länder geben. Allein am Standort Frankfurt arbeiten 14 japanische Köche daran, den Geschmack ihrer Landsleute zu treffen. "Eine Aufgabe, an der ein westlicher Koch scheitern würde. Selbst wenn es am Ende nur um die eine Messerspitze Gewürz geht oder auf eine bestimmte Schneidetechnik ankommt", sagt Wagner.

Kein Detail und keine Zutat bleiben dem Zufall überlassen. Sogar die Platzierung einer Cocktailtomate und die Anzahl der Gurkenscheiben werden abgestimmt. "Einerseits können wir so den Wareneinkauf exakt planen, andererseits soll jede Mahlzeit gleich aussehen, damit im Flieger unter Sitznachbarn kein Futterneid ausbricht", sagt Wagner. Futterneid wird es vermutlich nur zwischen den Klassen geben. Im Jahre 2013 landeten 9,1 Tonnen Roastbeef, 5,5 Tonnen Kaviar und 2,8 Tonnen Hummer auf den Tellern der First-Class-Passagiere.

25. August 2014