Gault Millau: Gastronom aus Österreich wehrt sich gegen Auszeichnung

Dass sich ein Gastronom gegen negative Kritik zu wehren versuchte, erlebte das Gastro-Magazin «DER FEINSCHMECKER», als es im vergangenen Jahr einen Rechtsstreit gewann. Aber das gab es noch nie: Ein Österreicher ärgert sich über eine Auszeichnung des Restaurantführers «Gault Millau», weil er diese nicht wollte.

Beim «Gault Millau» staunte man nicht schlecht, als bekannt wurde, dass eine vom Restaurantführer verliehene Haube einen Gastronomen auf die Spitze treibt. Vier Mützen (in der österreichischen Ausgabe «Hauben») sind die höchste Auszeichnung, die ein Restaurant im «Gault-Millau» erreichen kann. Dem Restaurant «Der Hambrusch» im österreichischen Kärnten wurde eine Haube verliehen, doch laut eigener Aussage möchte das Inhaber-Ehepaar diese nicht haben: «Wir wollten gar nicht getestet werden», so Martin und Waltraud Hudelist in der Kärntner Tageszeitung.

Eigentlich, so denkt man, könnte sich das Ehepaar über diese Auszeichnung freuen, denn schließlich zeigt sie nur die Qualität des Restaurants, welches der Restaurantführer mit einer positiven Kritik ausstattete. Der «Gault-Millau» titulierte das Restaurant gar als einer der fünf Neueinsteiger Kärntens.

«Jeder soll selbst entscheiden»

Die Hudelists kritisieren vor allem die Art und Weise des Restaurantführers, ohne Einverständnis der Gastronomen zu testen. «Jedes Restaurant soll selbst entscheiden dürfen, ob es dort erscheinen will oder nicht», so Martin Hudelist, der rechtliche Schritte gegen den «Gault-Millau» prüft.

«Gault-Millau»-Pressesprecher Paul Golger kann die Probleme nicht nachvollziehen: «Proteste gibt es jedes Jahr, doch Post von den Hudelists gab es noch nicht», so das öffentliche Organ des Restaurantführers. Im Mittelpunkt Golgers Unverständnis steht der Sachverhalt, dass der «Gault-Millau», in Deutschlands erstmals 1983 erschienen, «im Sinne der Pressefreiheit für den Leser teste», so Golger. Wenngleich das Unternehmen eine solche Revolte von Lokalen mit schlechten Bewertungen gewohnt sei, wundere man sich über die Beschwerde eines gut bewerteten Restaurants.

Getestet werden Restaurants, unter dem Aspekt der Pressefreiheit, meistens auch nach einer Beschwerde. Nur dem Restaurant «Der Franzos» bleiben die Tester des «Gault-Millau» stets fern: «Von dort prasselten Anwaltsschreiben», so der Pressesprecher.

Auszeichnung kann auch ein Fluch sein

Einem jeden Restaurantführer ist die Ablehnung einer Auszeichnung schleierhaft, hingegen haben Gastronomen vielerlei Gründe. Während die persönliche Anerkennung stets dankend empfangen wird, haben Restaurantbetreiber Angst um ihr Geschäft. Im unteren Segment, so der Tenor verschiedener Wirte, seien es oft die Getränke, welche den Umsatz machen. Insofern der Gast es nun aber auf die ausgezeichnete Küche abgesehen hat, leidet die Gewinnspanne. So eine Haube sei ein ganz anderes Segment, so die einhellige Meinung vieler Gastronomen.

Ein weiteres Problem sei die gesteigerte Erwartungshaltung, so ist ein Freund der Gourmetführer eventuell enttäuscht, wenn er zwar gute Speisen serviert bekommt, nicht aber auf Händen getragen wird. Dies widerum führe zu einer Befremdung der aktuellen Stammkundschaft, die sich mit dem Gourmetsegment nicht identifizieren können. So verliert das Restaurant seine Kunden.

27. Oktober 2011