Greenpeace gibt Fisch-Tipps: Makrele nein, Karpfen ja

Wer seinen Gästen als Gastronom ohne schlechtes Gewissen frischen Fisch servieren möchte, der sollte auf Aal, Dornhai und Rotbarsch verzichten. In seinem aktuellen Einkaufsratgeber gibt Umweltorganisation Greenpeace diesbezüglich Tipps.

«Die Meere sind überfischt und die Fangmethoden ökologisch nicht einwandfrei», so Iris Menn, Meeresbiologin von Greenpeace. Deshalb seien Aal, Dornhai und Rotbarsch definitiv nicht zu empfehlen. Der aktuelle Einkaufsführer der Umweltorganisation Greenpeace stellte auch fest, dass Karpfen und Afrikanischer Wels ohne Bedenken verzehrt werden können. Rund 100 Arten bewertete Greenpeace, welche in etwa 500 Wildfisch-Bestände und Aquakultur-Herkunftsländer aufgeteilt sind. Neben dem Zustand der Fischbestände berücksichtigt Greenpeace auch die Fangmethoden und deren Auswirkungen auf die Umwelt. «Lachs, Schellfisch oder Dorade können wir zum Beispiel mit Einschränkungen empfehlen, sofern sie aus nachhaltiger Wild-Fischerei oder Aquakultur stammen», sagt Menn.

Auch nachhaltige Fischerei hat die Umweltorganisation auf dem Zettel: Die Sprotte aus der Ostsee sei ebenso zu empfehlen, wie der Hering aus der westlichen Ostsee und Skipjack/Bonito aus dem Indischen Ozean mit Angelruten-Fischerei. Die Verbraucher sollen schnell erkennen, ob die Ware aus nachhaltiger Fischerei stammt. So wird der Fisch in dem kleinen, handlichen Faltblatt nach Signalfarben bewertet: Die Farbe Grün steht für «noch empfehlenswert», Rot für «nicht empfehlenswert». Derweil fühlt sich die Fischindustrie ungerecht behandelt. Der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Fischindustrie und des Fischgroßhandels, Matthias Keller, kritisierte den Ratgeber. «Der Zustand wesentlicher Fischbestände wird verzerrt dargestellt.» Die vielen rot bewerteten Bestände seien «Ausdruck ideologischer Prägungen, aber nicht wissenschaftsbasierter Fakten».

Fischindustrie fühlt sich unfair behandelt

Durch den seit 2008 jährlich erscheinenden Ratgeber möchte Greenpeace die Erholung bedrohter Bestände erreichen. Die Welternährungsorganisation schätzt, dass weltweit circa 30 Prozent der Bestände überfischt oder erschöpft seien. 200.000 Exemplare enthält die Auflage des Greenpeace-Ratgebers, welcher kostenlos per Telefon unter der Nummer 040/306180 bestellt oder auf den Internetseiten von Greenpeace heruntergeladen werden kann. Doch die aktuelle Ausgabe hat deutlich mehr rote als grüne Markierungen: Makrele, Aal, Rotbarsch, Heilbutt, Alaska Seelachs oder Dornhai sollten danach gar nicht mehr gekauft werden. Für Dorade, Lachs, Hering oder Schellfisch gibt Greenpeace eine eingeschränkte Kaufempfehlung nur für bestimmte Fanggebiete. Nur wenige Fische stehen ganz ohne Einschränkung auf dem Einkaufszettel: Wels aus Westafrika und Karpfen gehören dazu.

Seit Jahren kämpft Greenpeace um den Erhalt der internationalen Fischbestände. Foto: Greenpeace

Die Fischindustrie hält dagegen und spricht von Ideologie. Auf der Online-Datenbank des Fischinformationszentrums sind viele der von Greenpeace beanstandeten Fischarten als unbedenklich deklariert. Tatsächlich steckt hinter den unterschiedlichen Aussagen die unterschiedliche Auslegung der Parteien. Greenpeace arbeitet mit dem Wert einer maximalen nachhaltigen Fangmenge. Auch die EU-Fischereipolitik orientiert sich daran, definiert diese jedoch als Bandbreiten, nicht als wissenschaftliche Zahlen. Zwar hält die Industrie den Greenpeace-Ratgeber für nicht geeignet, verfolgt aber ähnliche Ziele wie die Umweltorganisation. Beide Seiten streben einen nachhaltigen Fischfang an. Doch in der Frage, was Nachhaltigkeit bedeutet, hat Greenpeace deutlich höhere Erwartungen als die Fischindustrie: Bei manchen Beispielen liegt der Wert der Umweltorganisation für einen Fischbestand sieben Mal so hoch, damit er als ausreichend für eine intensive Fischerei gilt.

Laut Greenpeace sind 63 Prozent der Fischbestände im Atlantik überfischt, 82 Prozent seien es im Mittelmeer. Die Fischindustrie nennt hier eine Zahl von 30 Prozent, bezogen auf alle Bestände. Die Fischereipolitik der Europäischen Union möchte den Fischfang zukünftig stärker reglementieren, um die Bestände zu schützen. Die Pläne, den sogenannten Beifang bis auf einen geringen Anteil von sieben Prozent zu verbieten, hält Greenpeace-Meeresbiologin Iris Menn für den richtigen Weg. In einem anderen Punkt müssen sich Fisch-Liebhaber allerdings keine Gedanken machen: Falsche Inhaltsangaben kommen bei Fischprodukten selten bis gar nicht vor – hier unterscheiden sich der Fisch und die Hackfleisch-Lasagne.

19. März 2013