lebensmittelklarheit.de ertappt Lebensmittel mit Täuschungspotenzial

Die Webseite lebensmittelklarheit.de bietet Verbrauchern die Möglichkeit, Produkte mit Täuschungspotenzialen zu melden. Sei es eine Sylter Salatsoße, welche mit Sylt nichts gemeinsam hat, oder eine Hähnchenbrust, welche nicht in einem Stück verkauft wird. Nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums soll die Seite als Grundlage für die Ermittlung der Verbraucher- und Unternehmerwahrnehmung zur Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln dienen.

Der Bundesverband für Lebensmittelkunde und Lebensmittelrecht e.V. (BLL) schlägt Alarm: Eine Täuschung kann nicht vorliegen, wenn Produkte im Sinne der allgemeingültigen Regeln gekennzeichnet sind. Das ist aber bei den meisten gemeldeten Lebensmitteln der Fall.

Die Initiative lebensmittelklarheit.de, welche von Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner ins Leben gerufen wurde, soll die Produkte erkenntlich machen, durch die sich der Verbraucher getäuscht fühlt. Denn: Der Verbraucher kennt die Gesetze nicht, die aufzeigen, wann zum Beispiel eine marinierte Hähnchenbrust eine Hähnchenbrust ist.

Das Prozedere ist einfach: Fühlt sich der Verbraucher von einem Produkt getäuscht, so kann er es mit Angabe des Herstellers öffentlich an den Pranger stellen. Es liegt nahe, dass die betroffenen Unternehmen mit erheblichen Imageschäden und Umsatzrückgängen rechnen; obgleich sie nicht falsch gehandelt haben, so der BLL. Problematisch ist, dass die rechtlichen Vorgaben und die Verbrauchererwartung in Bezug auf ein Produkt meistens wenig gemeinsam haben.

Die Webseite läuft gut an

Es existieren zahlreiche Gesetze, welche die Kennzeichnung von Lebensmitteln bestimmen. So regelt die Fruchtsaftverordnung (FrSaftV), dass Getränke als "Fruchtsaft" bezeichnet werden können, wenn der Inhalt nur aus Früchten gewonnen wurde. Für "Fruchtnektar" gilt dies nicht. Diesem kann neben Wasser auch reichlich Zucker oder Honig zugesetzt werden. Dem unkundigen Verbraucher suggeriert der Begriff "Nektar" indes etwas Gehaltvolleres als der Begriff "Saft". Er könnte sich also getäuscht fühlen. Foto: Rainer Sturm / pixelio.de

Die ersten Tage nach der Nutzung zeigen, dass anscheinend viele Bürger auf ein Portal gewartet haben, auf dem sie Produkte melden können, dessen Etikettierung ihnen komisch vorkommt. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner wehrte sich lange gegen die Kritik der Lebensmittelindustrie und setzte ihr Vorhaben schließlich durch. Mehr als 2.000 Verbraucher haben bereits eine Eingabe auf lebensmittelklarheit.de getätigt.

Am vergangenen Mittwoch knickte das Portal sogar ein: Die Seite verzeichnete 20.000 Zugriffe in der Sekunde, so dass die Server des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV) erstmal das Zeitliche segneten; der VZBV betreibt das Portal, wofür er vom Verbraucherschutzministerium mit 775.000 Euro gefördert wird.

Das Portal soll ausgebaut werden

Die Informationen auf dem neuen Lebensmittel-Portal sind bis zu zwei Wochen alt. Grund dafür ist der hohe Andrang in Kombination mit der geringen Anzahl an Mitarbeitern: Die Prüfung der von den Besuchern getätigten Eingaben, die Einholung einer Reaktion vom Hersteller und die Veröffentlichung auf der Seite; all das wird von derzeit zwei Personen bearbeitet. Man überlege, was zu tun sei, um das Portal auszubauen, sagt VZBV-Sprecher Christian Fronczak. Daran ist auch Ilse Aigner gelegen. Denn erst wenn lebensmittelklarheit.de einwandfrei funktioniert, kann die CSU-Politikerin ihren Einsatz für das Portal als Erfolg verbuchen.

29. Juli 2011