Mindestlohn über 8,77 Euro: Gastronomie ist dagegen

Am Dienstag fällt die Entscheidung: Steigt der Mindestlohn auf mehr als 8,77 Euro? Zumindest in der Hotellerie und Gastronomie sind viele dagegen.

UPDATE weiter unten.

Als der Mindestlohn am 1. Januar 2015 Einzug in die deutsche Gastronomie erhielt, war klar: Alle zwei Jahre wird eine extra ins Leben gerufene Mindestlohnkommission darüber beraten, ob und in welcher Höhe der Mindestlohn angepasst wird. Da die nächste Anpassung zum 1. Januar 2017 ansteht, sind die Verhandlungen aktueller denn je. Kommt die Erhöhung? Fakt ist, dass für diese Entscheidung alle Tarifabschlüsse, die vom 1. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2016 wirksam werden, relevant sind. Sie fließen in den statistischen Tarifindex ein, der die Grundlage für eventuelle Erhöhungen des Mindestlohns darstellt.

Wenn die Mindestlohnkommission am morgigen Dienstag, den 28. Juni 2016, erstmals tagt, werden einflussreiche Personen mit am Tisch sitzen. Darunter Reinhard Göhner (Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände), Valerie Holsboer (Chefin der Verbände aus der Gastronomie und der Ernährungsindustrie) und Karl-Sebastian Schulte (Geschäftsführer des Handwerks). Auf der Arbeitnehmerseite sitzen Michaela Rosenberger (Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten), Robert Feiger (Chef der IG BAU) und Stefan Körzell (Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes). Als Vorsitzenden haben die Sozialpartner Jan Zilius bestimmt. In einer Pattsituation hat Zilius die entscheidende Stimme. Gemeinsam versuchen die beiden Parteien der Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Lösung zu finden und diese im Anschluss der Bundesregierung zu präsentieren. Denn letztlich entscheidet die Regierung über die Anpassung des Mindestlohns.

Hotellerie und Gastronomie befürchten übermäßige Steigerung

Viele Experten erwarten zähe Verhandlungen rund um die Anpassung des Mindestlohns.

Statistisch gesehen ist die Berechnung des Mindestlohns eigentlich ziemlich einfach. Anhand der Tarifabschlüsse zwischen dem 1. Januar 2015 und dem 30. Juni 2016, sowie der Gewichtung der Lohnprozente anhand ihrer Bedeutung (Zahl der Beschäftigten) kann ein Tarifindex berechnet werden. Dieser liegt zum Beispiel im öffentlichen Dienst bei 3,9 Prozent, was bei einem aktuellen Mindestlohn von 8,50 Euro eine Erhöhung von 33 Cent ausmachen würde. Allerdings lassen sich Konflikte zwischen den Parteien nicht einfach mit einem Schlüssel lösen. Denn sicherlich wird es eine Partei geben, welche mit dem errechneten Mindestlohn nicht zufrieden ist. Und dann wird verhandelt.

Die Hotellerie und die Gastronomie befürchten eine übermäßige Steigerung des Mindestlohns über die prognostizierten 8,77 Euro hinaus. Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes sprach sich klar dagegen aus: Es gebe „keine Veranlassung, auch nur einen Cent über den Tarifindex hinauszugehen“, sagte Hartges gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Schon jetzt setzten der große Aufwand für die Bürokratie - Stichwort: Dokumentationspflicht - und die hohen Kosten der Branche sehr zu. Übermäßige Erhöhungen würden die Belastungen für das Gastgewerbe verstärken, sagte Hartges. Zudem habe schon die Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015 die Erträge der Branche vermindert. Fast drei Viertel (74,0 Prozent) des Gastgewerbes verzeichnen seit dem 1. Januar 2015 Personalkostensteigerungen. „Wir können uns alle glücklich schätzen, dass die Einführung des Mindestlohns 2015 in eine Zeit der robusten Konjunktur fiel und sich der Arbeitsmarkt so positiv entwickelt hat“, so Hartges.

Grundsätzlich wird mit einer Erhöhung des Mindestlohns um 27 Cent auf 8,77 Euro gerechnet. Gewerkschaften hingegen könnten auf eine Erhöhung um 33 oder sogar 37 Cent drängen. In einer Branchenumfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes bezeichnen 48,2 Prozent der Gastronomen vor allem die Arbeitszeitdokumentation als belastend. Die eigentliche Lohnuntergrenze wird als weniger schädlich für die Gastronomie angesehen.

***UPDATE*** - 29. Juni 2016: Der Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2017 um 34 Cent auf 8,84 Euro.

27. Juni 2016