Einführung der Hygiene-Ampel verzögert sich weiter

Am gestrigen Dienstag ging die zweitätige Konferenz der Wirtschaftsminister von Bund und Ländern zu Ende. Ein Thema das Treffens im nordrhein-westfälischen Nettetal war unter anderem die geplante Hygiene-Ampel. Die Planung sieht es vor, dass alle Gastronomiebetriebe ihre Bewertungen der vergangenen drei Kontrollen veröffentlichen.

Mit Wirkung vom 19.05.2011 ist die Hygiene-Ampel bereits beschlossene Sache. Das System dient als Barometer zur Anzeige von hygienischer Qualität in Deutschlands Restaurants. Dabei wird die bekannte Hygiene-Untersuchung durch ein bundesweit einheitliches Verfahren ersetzt, welches dem Verbraucher Prüfergebnisse öffentlich einsehbar macht. Soweit der Plan. Stand heute prangt allerdings an keinem deutschen Restaurant eine offizielle Hygiene-Ampel. Der Grund dafür ist, dass sich die Wirtschaftsminister der Länder nicht auf ein einheitliches System einigen können.

Sogar die Internet-Plattform der Hygiene-Ampel ist mit der Situation überfordert und weist einen Start «Anfang 2012» aus. «Ab diesem Termin werden voraussichtlich bundesweit alle Lebensmittelbehörden einem einheitlichen Kontrollverfahren nachgehen, welches eine deutlich höhere Vergleichbarkeit und Transparenz der Testergebnisse mit sich bringt.», so steht es auf der Seite.

Das System stand bereits

Ein System schein lange klar: Maximal 80 Punkte sollten vergeben werden. In einer Skala hätten Restaurants mit 0-40 Punkten im grünen Bereich gelegen. Zwischen 41 und 60 Punkten wäre ein Restaurant im gelben Bereich, welcher aussagt, dass die Kontrolle einige Mängel ergeben hat. Hätte ein Betrieb 61 oder mehr Punkte erhalten (roter Bereich), so bestünde Anlass zur Skepsis.

Schon vor Beginn der Wirtschaftsministerkonferenz hat die Verbraucherorganisaton foodwatch die bayerische Landesregierung aufgefordert, ihre Blockadehaltung gegen eine Veröffentlichung der Ergebnisse amtlicher Lebensmittelkontrollen aufzugeben. Laut foodwatch liege der Grund dafür, dass es keine bundesweite Verständigung auf eine Restaurant-Ampel gäbe, «maßgeblich am Widerstand der Regierung Seehofer/Zeil», so der stellvertretende foodwatch-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt.

Situation nach wie vor unklar

So grün ist das Licht dann doch nicht: Während eine politische Diskussion zum Thema Hygiene-Ampel entstanden ist, konzipieren einige Bundesländer an eigenen Lösungen.

Anfang Februar 2012 kam der Skandal der bayerischen Großbäckerei Müller an die Öffentlichkeit. Aufgrund schwerwiegender Hygienemängel, es wurden Mäusekot und Kakerlaken gefunden, musste die Bäckerei ihre Produktion vorübergehend einstellen. Bereits seit Anfang 2010 hatten die bayerischen Überwachungsbehörden über die Zustände Bescheid gewusst. Wären die Behörden nun verpflichtet gewesen, die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen zu veröffentlichen, wie die Hygiene-Ampel es vorsieht, hätten die Verbraucher Produkte der Bäckerei umgehen können. Stattdessen wurden 640 Millionen Brötchen und 45 Millionen Brote der Bäckerei Müller verzehrt. foodwatch kritisiert, dass das Bundesland Bayern eher an eigenen Ideen, wie dem GastroManagementPass arbeitet, sich aber nicht an der geplanten Hygiene-Ampel beteiligt.

Fast ein halbes Jahr nach der geplanten Einführung der Restaurant-Ampel ist die Situation nach wie vor ungeklärt. Die Verbraucherministerkonferenz hatte sich für die Einführung, die Konferenz der Wirtschaftsminister dagegen ausgesprochen.

Berlin als Vorreiter

Das ebenfalls einen Alleingang anstrebende Bundesland Bremen folgt nun doch nicht dem umstrittenen Vorbild Berlins. Stattdessen warte man auf eine bundeseinheitliche Regelung. Das hat Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) bestätigt. In Berlin hingegen können sich die Verbraucher online ganz einfach alle Kontrollergebnisse anzeigen lassen, dort ist die Kampagne «Sicher essen in Berlin» aktiv. Neun von zwölf Bezirken der Bundeshauptstadt sind dabei. Nach Berliner Senatsangaben werden monatlich im Durchschnitt 14.000 Seitenaufrufe registriert.

Als damalige Vorsitzende der Verbraucherschutzminister-Konferenz hatte Renate Jürgens-Pieper die Idee einer Hygiene-Ampel energisch unterstützt. Als sich die Verbraucherschutzminister im Mai 2011 auf eine Einführung einigten und beschlossen, die Ampel bis Anfang 2012 ans Laufen zu bekommen, war Jürgens-Pieper noch optimistisch. Heute ist dieses Ziel vom Tisch und selbst eine Einführung im laufenden Jahr scheint unrealistisch. Zu viele Störfeuer beeinträchtigen die Arbeitsgruppe, welche sich um die Hygiene-Ampel kümmert.

06. Juni 2012