Mehrwegpflicht: Ausbaufähiges Konzept für den Klimaschutz

Fast 350.000 Tonnen Müll fallen in Deutschland Jahr für Jahr allein durch Lebensmittelverpackungen “to go” wie Einwegkaffeebecher, Wegwerfgeschirr und Behältnisse für Lebensmittel an. Um dieses Müllaufkommen zu reduzieren, müssen Gastronomie und Einzelhandel seit Anfang des Jahres auch eine Mehrweg-Alternative anbieten. Die Umsetzung des Konzepts läuft jedoch nur sehr schleppend an.

Die folgenden Schwierigkeiten gibt es.

Worum geht es bei der Mehrwegpflicht für Gastronomie und Einzelhandel?

Bei der Mehrwegpflicht für Unternehmen geht es im Endeffekt darum, dass Geschäfte, die Essen und Getränke to go anbieten, für diese auch Mehrwegverpackungen anbieten müssen, die wiederum nicht teurer sein dürfen als Einwegverpackungen aus Kunststoff.

Als Einwegverpackungen gelten dabei alle Verpackungen, die zum einmaligen Verbrauch bestimmt sind und ganz oder teilweise aus Plastik bestehen. Ob Verpackungen aus Pappe unter die neue Regelung fallen, hängt davon ab, ob sie frei von Kunststoff sind oder eine dünne Kunststoffschicht als Beschichtung aufweisen. Ist letzteres der Fall gelten sie auch als Einwegkunststoffverpackung und es muss eine Mehrwegalternative angeboten werden.

Verstoßen die Gastronomen gegen diese Regelung, drohen ihnen Strafen von bis zu 10.000 Euro.

Gastronomen kritisieren System als unausgegoren und wenig durchdacht

Fast 350.000 Tonnen Müll fallen in Deutschland Jahr für Jahr allein durch Lebensmittelverpackungen “to go” an.

Doch auch wenn das System im Hinblick auf ein reduziertes Müllaufkommen und Vorteile hinsichtlich des Klimaschutzes als erstrebenswert erscheint, so kritisieren Gastronomen doch, dass es unausgegoren sei und zum falschen Zeitpunkt käme. Die Betriebe fühlen sich häufig nicht gut informiert und sind auch noch nicht alle bereit, die Regelungen richtig umzusetzen.

Viele Fragen, wie die, wie Lebensmittel zu behandeln sind, die im Betrieb vorverpackt bestellt werden und dann weiterverkauft werden, sind noch nicht geklärt und zudem sei für die Umstellung - so Ingrid Hartens, die Hauptgeschäftsführerin von DEHOGA - für die Gastronomie ein großer organisatorischer und logistischer Aufwand notwendig. Zudem sei dieser mitunter mit hohen Kosten verbunden, da bauliche und technische Voraussetzungen erst geschaffen werden müssten.

Viele kleinere Betriebe, die von der neuen Mehrwegpflicht betroffen sind, warten daher erst einmal ab, ob die Umsetzung von Behörden wirklich geprüft wird und es ist zu vermuten, dass noch nicht in allen Betrieben ein entsprechendes Angebot vorhanden ist. Große Unternehmen wie McDonalds bereiten sich dagegen schon seit einigen Jahren auf die Einführung der Mehrwegpflicht vor, wobei sich das Angebot bei McDonalds vorerst auf Heiß- und Kaltgetränke sowie Eissorten beschränkt. Für die Mehrwegverpackung wird ein Pfand von zwei Euro pro Packung verlangt. Eigene Gefäße können nicht genutzt werden.

Kleine Unternehmen sind von der Pflicht ausgenommen

Jedoch sind nicht alle Betriebe von der neuen Pflicht betroffen. Ausnahmen gelten für kleine Geschäfte mit maximal fünf Beschäftigten und einer Ladenfläche von maximal 80 Quadratmetern, wie etwa Imbissen oder Kiosken. Diese müssen zwar keine Mehrwegverpackungen anbieten, müssen es aber möglich machen, eigene mitgebrachte Mehrwegbehälter befüllen zu lassen. Für Geschäfte, die einer Kette angehören, wie zum Beispiel für viele Bahnhofsbäckereien gilt die genannte Ausnahme jedoch nicht, da hier im gesamten Unternehmen mehr als fünf Beschäftigte arbeiten.

Bei eigenen Behältern gilt generell unabhängig von der Betriebsgröße, dass die Verantwortung für die Speisen beim Betrieb liegt, der Anbieter aber nicht für die Eignung der mitgebrachten Behälter und deren hygienischen Zustand haftet. Die Angehörigen des Betriebs dürfen außerdem die Befüllung verweigern, sollte der Behälter erkennbar verschmutzt oder nicht geeignet sein. Zudem dürfen die Behältnisse nur in einem eigens dafür festgelegten Bereich abgestellt werden.

Nutzung, Reinigung und Rückgabe gestalten sich problematisch

Eine Mehrwegverpackung kann grundsätzlich zwischen 500- und 3000-mal genutzt werden. Jedoch ist dies nur möglich, wenn diese auch schnell wieder zurückgegeben wird. Dazu kommt, dass die Mehrwegbehältnisse im Betrieb gespült und defekte Behälter ersetzt werden müssen. Zudem sind noch nicht für alle Speisen passende Mehrwegverpackungen verfügbar.

Da die Nutzung von Mehrweggeschirr bisher nur ein freiwilliges Angebot ist, wird es auch nicht von allen Kunden genutzt, da sich die Rückgabe und die Tatsache, dass man die Behälter nicht einfach nach Gebrauch wegwerfen kann, für Berufstätige schwierig gestalten kann. Da es keinen Anreiz (z. B. Bonus) für die Nutzung von Mehrwegbehältern gibt, ist zu erwarten, dass viele Verbraucher auch weiterhin den bequemen Weg gehen und Einwegverpackungen nutzen werden.

Deutschlandweite Rücknahmestationen könnten die Lösung sein

Um die Nutzung von Mehrwegbehältern und insbesondere die Rückgabe zu fördern, haben Betriebe verschiedene Systeme eingeführt. So haben sich einige Betriebe zu Pfand-Pool-Systemen und Verbundsystemen zusammengeschlossen. Innerhalb des Verbunds ist die Rückgabe der Gefäße in allen teilnehmenden Betrieben möglich. Noch vorteilhafter wären jedoch deutschlandweit verteilte Rücknahmestationen, so dass etwa Personen, die in Hamburg am Bahnhof eine Speise kaufen, die Verpackung auch am Zielort in München wieder abgeben könnten.

21. Februar 2023