Plötzliches Aus für das Osnabrücker Sternelokal La Vie

Als vor rund einer Woche die letzten Gänge serviert wurden, ahnte von den Gästen noch niemand, dass es eines der besten Restaurants Deutschlands und auch der Welt künftig nicht mehr geben werde. Doch es ist wahr. Das Osnabrücker Sternelokal La Vie ist geschlossen.

Grund für die Schließung sind wohl vor allem finanzielle Gründe. Die Gesellschafter des Restaurants, die Georgsmarienhütte Holding GmbH, unter dem früheren RWE-Chef Jürgen Großmann, will neue Wege gehen und den Fokus im Zuge einer organisatorischen Neuausrichtung auf die Stahlherstellung und -verarbeitung legen. Damit geht das Ende von Großmanns in den 90er Jahren gegründetem Liebhaberprojekt in dem neoklassizistischen Haus Tenge in der Krahnstraße 1 / 2 einher.

Das La Vie war stets ein Zuschussprojekt gewesen, sei unrentabel und so munkelte man schon vor einigen Jahren, mit jährlichen Millionenverlusten für das Unternehmen verbunden gewesen. Selbst habe sich das Restaurant, das Osnabrück zur kulinarischen Hauptstadt Norddeutschlands gemacht hatte, wohl nie tragen können.

Die 28 Mitarbeiter des Teams um Restaurantleiterin Nadja Siebert, Sommelier Christian Scholz, Küchenchef Timo Fritsche, Patissier Roman Aster und Tobias Pietsch, Küchenchef der angeschlossenen und nun ebenfalls geschlossenen Tastykitchen, wurden von der Nachricht kalt erwischt.

Sie dachten am Freitag vor einer Woche noch, es würde in den alljährlichen Sommerurlaub gehen und sie würden ab dem 8. August wieder wie gewohnt ihre Arbeit verrichten. Doch die Aussicht auf erholsame, sorgenfreie Tage währte nicht lange. Denn bereits einen Tag später fiel es Patron Thomas Bühner zu, die sofortige Schließung des Restaurants bekanntzugeben. Der Drei-Sterne-Koch war bereits am 14. Juni über die Pläne informiert, jedoch zum Schweigen verpflichtet worden.

Ein Schlag für die Mitarbeiter, die es jetzt gerade im Sommer schwer haben werden, neue Stellen zu finden und vor vielen ungelösten Fragen stehen. Vor finanziellen Fragen, aber auch vor Fragen nach dem Beenden der angefangenen Ausbildung oder solch existenziellen Fragen wie dem Verbleib in Deutschland, wenn das Visum und damit die Aufenthaltsgenehmigung mit der Kündigung plötzlich erlöschen. Gespräche mit den Mitarbeitern diesbezüglich sollen in nächster Zeit stattfinden.

Thomas Bühner bedauerte die kurzfristige Schließung und auch die Mitarbeiter beklagten sich über die abrupte Entscheidung, die es ihnen nicht möglich machte, sich um neue Jobs zu bewerben oder sich auch nur von den Gästen stilvoll zu verabschieden.

Thomas Bühner hat in den 12 Jahren im La Vie eigentlich fast alles erreicht. Für den 56-jährigen Spitzenkoch waren Osnabrück und das Gourmetrestaurant zu einer Heimat geworden und er kochte sich dort mit seinem Team auf höchstem Niveau zu drei Michelin Sternen, 19 Punkten im Gault Millau und 5 Fs im Feinschmecker. Doch trotz eines wehmütigen Blicks zurück, wird er der Branche treu bleiben. Hierzu will er nach eigenen Angaben in nächster Zeit Gespräche führen und Angebote prüfen.

Fernsehkoch Frank Rosin äußerte sich in seinen Instagram Stories in eher zweifelhafter Manier zu der Angelegenheit. Doch auf seine Aussage „Kochen kann er ja! Jetzt muss er nur noch lernen, Geld zu verdienen!“ auf Thomas Bühner bezogen, reagierten Branchenkollegen wie Sven Elverfeld, Christian Bau, Kevin Fehling und Jan Hartwig prompt und stellten sich gegen die Aussage Rosins. Das Posting des Fernsehkochs wurde zwischenzeitlich gelöscht.

Da das La Vie mit sofortiger Wirkung schloss, wurden alle Reservierungen storniert. Das betrifft auch alle teilweise von langer Hand geplanten Feierlichkeiten. Wer einen Gutschein für das Gourmetrestaurant besitzt, kann sich diesen auszahlen lassen.

Nach der Schließung des La Vie in Osnabrück ist das Wolfsburger „Aqua“ das derzeit einzige Drei-Sterne-Lokal in Niedersachsen.